Zu viel oder zu wenig Selbstvertrauen im Business: Dunning-Kruger und Impostor-Syndrom erkennen und verstehen.
- natalyakamps
- 28. Sept.
- 3 Min. Lesezeit

In vielen Unternehmen begegnet man Menschen, die entweder unglaublich selbstbewusst wirken – oft zu selbstbewusst – oder still und zurückhaltend, obwohl sie hervorragende Arbeit leisten. Auf den ersten Blick könnten diese Unterschiede einfach persönliche Charaktereigenschaften sein. Psychologisch betrachtet steckt häufig jedoch etwas Tieferes dahinter: der Dunning-Kruger-Effekt auf der einen Seite, das Impostor-Syndrom auf der anderen. Beide Extreme beeinflussen, wie Entscheidungen getroffen, wie Teams zusammenarbeiten und wie Erfolge wahrgenommen werden.
Dunning-Kruger: Überhebliche Kollegen, die ihre Fähigkeiten überschätzen
Mitarbeiter:innen mit überschätztem Selbstvertrauen strahlen Souveränität aus, treffen schnelle Entscheidungen und präsentieren Lösungen mit Überzeugung. Sie glauben oft, dass ihr Beitrag entscheidend für den Erfolg ist – auch wenn sie nur einen spezialisierten Teilbereich abdecken.
Typische Gedanken und Aussagen:
„Ich weiß genau, wie es richtig läuft – die anderen verstehen einfach nichts.“
„Wenn ich das nicht übernehme, geht alles schief.“„Ohne meine Arbeit wäre das Team verloren.“
Emotionale und soziale Auswirkungen:
Dominanz in Meetings, andere Stimmen bleiben ungehört
Stress und Frustration bei Kolleg:innen
Schwierigkeiten, Kritik anzunehmen oder eigene Fehler einzugestehen
Messbare Indikatoren – warum sie wichtig sind:
Objektive Kennzahlen helfen zu erkennen, ob die eigene Selbsteinschätzung realistisch ist. Sie machen die Lücke zwischen Selbstüberschätzung und Realität sichtbar – ein erster Schritt zur Reflexion.
Beispiele:
KPIs vs. Selbsteinschätzung: Stimmen die eigenen Einschätzungen mit den Ergebnissen überein?
Fehlerquoten, Qualität der Arbeit, Kundenzufriedenheit
Feedback von Kolleg:innen zur Zusammenarbeit
Lösungen – wie man reagieren kann:Mentoring, Peer-Feedback und Reflexionsübungen können überhöhtes Selbstvertrauen behutsam korrigieren. Perspektivwechsel und bewusste Auseinandersetzung mit Feedback helfen, die eigenen Grenzen realistischer einzuschätzen.
Impostor-Syndrom: Selbstunsichere Kollegen, die ihre Fähigkeiten unterschätzen
Menschen mit Impostor-Syndrom sind oft sehr kompetent, zweifeln jedoch ständig an sich selbst. Trotz nachweisbarer Erfolge haben sie das Gefühl, ihre Leistungen seien „Glück“ und fürchten, als Betrüger:innen entlarvt zu werden.
Typische Gedanken und Aussagen:
„Ich hatte nur Glück, dass es gut gelaufen ist.“„Andere wären besser gewesen.“
„Wenn ich einen Fehler mache, merkt man, dass ich nicht fähig bin.“
Emotionale und soziale Auswirkungen:
Dauerhafte Anspannung, Perfektionismus, Aufschieben
Zurückhaltung in Meetings, obwohl wertvolle Ideen vorhanden sind
Unsichtbarkeit im Team trotz hoher Kompetenz
Messbare Indikatoren – warum sie wichtig sind:
Kennzahlen zeigen die Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und tatsächlicher Leistung. Sie helfen Betroffenen zu erkennen, dass ihre Zweifel oft nicht der Realität entsprechen, und stärken das Selbstvertrauen.
Beispiele:
Anzahl abgeschlossener Projekte, erreichte Ziele, Kundenfeedback
Qualifikationen, Zertifikate oder Fachtests
Peer- und Führungskräfte-Feedback
Lösungen – wie man reagieren kann:
Erfolgstagebücher, kognitive Umstrukturierung und schrittweise Übernahme von Herausforderungen stärken die Selbstwahrnehmung. Der Austausch mit Peers zeigt, dass ähnliche Zweifel normal sind und entlastet emotional.
Wenn beide Extreme im Team zusammentreffen
Teams mit überheblichen und selbstunsicheren Mitgliedern erleben oft subtile Konflikte:
Dominante Stimmen treffen Entscheidungen, stille Expert:innen ziehen sich zurück.
Ergebnis: Ideen gehen verloren, Entscheidungen werden einseitig getroffen, Erfolge werden verzerrt wahrgenommen.
Typische Szenen im Business:
Lautstarke Kolleg:innen präsentieren Lösungen für Bereiche, die sie nur teilweise verstehen
Stillere Kolleg:innen liefern entscheidende Ideen, äußern sie aber nicht
Erfolgsstories werden fälschlicherweise den sichtbarsten Personen zugeschrieben
Messbare Team-Indikatoren – warum sie wichtig sind:
Kennzahlen helfen, objektiv zu erkennen, wer welche Beiträge leistet und wie effektiv die Zusammenarbeit ist. So lassen sich Verzerrungen durch Selbstüberschätzung oder Selbstzweifel aufdecken.
Beispiele:
KPIs, Projektziele, Zeit- und Budgeteinhaltung
Innovationen, Vorschläge, dokumentiertes Know-how
Teamzufriedenheit und Feedback zu Zusammenarbeit
Analyse der individuellen Beiträge
Lösungen – wie Teams reagieren können:
Strukturierte Feedback-Kultur, klare Rollenverteilung und gezielte Reflexionsübungen sorgen dafür, dass alle Stimmen gehört werden.
Psychologische Unterstützung durch Coaching oder Mentoring kann helfen, sowohl überhebliche als auch selbstunsichere Teammitglieder zu stärken und die Zusammenarbeit zu verbessern.
Strategien für Teams und Führungskräfte
Feedback-Kultur etablieren: Gleichwertige Anerkennung von Leistungen und konstruktive Kritik.
Rollen klar definieren: Aufgaben nach Kompetenz, nicht nach Lautstärke vergeben.
Erfolge sichtbar machen: Alle Beiträge dokumentieren und anerkennen.
Bewusstsein schaffen: Mitarbeiter über Dunning-Kruger und Impostor-Syndrom informieren.
Gezielte Übungen: Reflexionsworkshops, Peer-Feedback-Runden, Rollenspiele zur Perspektivübernahme.
Psychologen und Coaches können unterstützen:
Einzelgespräche zur behutsamen Reflexion und Selbsterkenntnis
Mentoring und Peer-Coaching zur realistischen Selbstwahrnehmung
Teaminterventionen für respektvolle Kommunikation und faire Verantwortung
Zu viel oder zu wenig Selbstvertrauen beeinflusst Teams und Entscheidungen deutlich. Überhebliche Kollegen überschätzen ihre Fähigkeiten, selbst-unsichere Mitarbeiter unterschätzen sie. Objektive Kennzahlen, Feedback und psychologische Interventionen helfen, Diskrepanzen zwischen Selbstwahrnehmung und Realität zu erkennen. Teams, die diese Muster verstehen, können Zusammenarbeit, Motivation und Wissen optimal nutzen – und so das volle Potenzial aller Mitarbeiter sichtbar machen.




Kommentare